Maria und Josef im Kaufhaus – eine andere Weihnachtsgeschichte
Dez 16th, 2004 | By | Category: AllgemeinGekrümmt und gequält schleppt sie sich zu ihrem Spinnt, wechselt Abendgarderobe gegen Putzfrauen- Look. Dann geht es zur Arbeit: Mülleimer leeren, wischen und noch mal wischen. Zur Abwechslung röhrt sie durch das Kaufhausmikrofon, ob denn ihr Sohn Willi auch an sie denkt.
Angelockt durch diese Entblößung durch das Mikrofon taucht das Wachpersonal auf: Josef. Auch er scheint nicht glücklich mit seinem Dienst am Heiligen Abend. Die beiden Alten beginnen Konversation. Zuerst aneinander vorbei. Maria berichtet von ihrer Varieté- Karriere in Tirana, Josef antwortet mit seiner sozialistischen Vergangenheit und der Schreckensherrschaft der Nazis.
Aus dem Kaufhaus besorgt Maria eine Flasche Hochprozentiges. Damit versuchen die Alten ihren Kummer zu schmälern. Doch er bleibt noch ein ganzes Weilchen und erzählt von Marias treulosem dickem Sohn, dem Ungeheuer Schwiegertochter, Josefs Kindheit im Waisenhaus und seiner Zukunft als vermutlich Arbeitsloser.
Maria läuft ins Kaufhaus und schiebt ein Bett in den Hinterraum. Gemeinsam legen sie sich hinein. Ein bisschen ungelenk, ein bisschen beschämt und ein bisschen ungeschickt, kitzelt Maria Josef. Eine wunderbare Herberge haben sie sich am Heiligen Abend selbst geschaffen.
Mit dem Stück „Maria und Josef“, veranstaltet von der Kulturvereinigung Alfeld e.V., begeisterte die Landgraf Theaterproduktion mit Maria alias Claudia Amm, Josef alias Günter Lamprecht den vollbesetzten Saal der Aula des Gymnasiums. Eine ungeheure Leistung zeigten die Schauspielerin und der Schauspieler über die gesamte Spielzeit von 2 Stunden. Die Sprache auf ein Minimum reduziert schaffte bereits der Anfang eine Atmosphäre der Spannung. Im Gegensatz dazu durchspielten Claudia Amm und Günter Lamprecht ein Wechselbad der Gefühle. Traurigkeit und Freude versammelt in der Herberge eines leeren Kaufhauses- und zwei tragende Charaktere: Ein Heiligabend wie er schöner nicht gespielt werden kann.
Die wahre Stärke des Autors Peter Turrini liegt in seinen Figuren. Tragik und Komik liegen oft dicht beieinander und es gibt so viele Seite an ihnen zu entdecken. Während eine große Uhr langsam die Minuten eines endlos(en) heiligen Abends zählt, entfernen sich zwei Figuren von der Realität der Welt – und finden ihr eigenes Nest – ihr eigene Herberge und ihre eigee Krippe.
Dickes Lob an die beiden Schauspieler und die Kulturvereinigung zur Wahl dieses wirklich weihnachtlichen Stückes. :o)